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CAROLA SCHAPALS

Carola Schapals - Nature and Houses – want to be and stay here Eröffnungsrede Schloss Ritzebüttel, 01.09.2010 Carla Johanna Frese Sattes Grün, das sich über den Boden rankt. Hier und da ein Farn, der in die Höhe wächst; Fingerhut, der zum Teil in Blüte steht. Ein wildes Chaos an verschiedenen Blättern, Formen und Grüntönen. Farbtupfer in Orange; Lichtreflexe wie Spiegelungen des Sonnenlichts. Baumstämme, die in die Höhe ragen, weit empor; dahinter eine diffuse Dunkelheit. Licht und Schatten. Und dann Lila – keine Blüten, keine Pflanzen – einfach eine schwarz lila wabernde Wolke. Es riecht nach Feuchtigkeit, Einsamkeit und Stille. Was oder wen treffe ich, wenn ich weiter in den Wald hinein gehe? Beobachtet mich wer aus dem Dunkel oder bin ich wirklich alleine? Es fällt leicht, sich zu diesem und auch zu anderen Bildern Geschichten zu überlegen – Geschichten, wie sie wahrscheinlich Kinder erzählen würden. Geschichten von sprechenden Eichhörnchen oder Hexen und Wichteln, die im Wald hausen. „The nature of the forest” ist das größte Bild von Carola Schapals in dieser Ausstellung und sicherlich auch eins, was den Besucher am meisten in seinen Bann zieht. Nicht nur wegen der Größe, sondern vor allem wegen des Geheimnisvollen, das von dem Bild ausgeht. Es wirkt träumerisch, fast märchenhaft, beruhigend aber auf der anderen Seite ist da noch dieses dunkle Unbekannte, das Diffuse, was die besondere Stimmung des Bildes ausmacht. Wie die meisten Bilder, die Sie hier heute sehen, setzt Carola Schapals auf eine abstrahierte Gegenständlichkeit – Abstraktion und Rationalität treffen sich gleichermaßen. Nicht alles ist genau dargestellt, hier und da finden sich immer wieder diese diffuse Flecken und Stellen, für die uns die genauen Worte fehlen. Wabernde Wolken, Stellen, die schwarz bleiben; Stellen, wo alles verschwimmt; Stellen, wo uns etwas unbekanntes trifft. Carola Schapals kommt aus einer Künstlerfamilie und so war für sie auch recht früh klar, dass sie auch diesen Weg gehen wird. Direkt nach der Schule geht sie an die Kunstakademie in Hannover. Nach dem Kunststudium setzt sie noch ein Studium der Kunstpädagogik in Bremen dran. Vor ihr könnte eine Schullaufbahnkarriere liegen, doch schon nach dem Referendariat merkt sie, dass der Schullalltag nicht zu ihr passt und fängt an freiberuflich zu arbeiten. Erfolgreich, denn das macht sie so bis heute – als Künstlerin und Dozentin. Dabei hat sie sich aber eins beibehalten: das Staunen. Denn was wäre Kunst ohne das Staunen. Der Moment, wenn man ein Motiv sieht – ob in real oder bereits gemalt und über genau diesen zu staunen anfängt. So ging es auch mir, als ich das erste Mal die großen Leinwandbilder im Atelier von Carola Schapals gesehen habe. Neben „The nature of a forest” finden Sie im Werk von Carola Schapals noch viele weitere Darstellungen der Natur. Es ist keine „besondere“ Natur, kein Naturspektakel, nichts wofür man unbedingt eine Reise auf sich nimmt. Es ist das Grün und der Park um die Ecke, die Böschung am Fluß, die Blumen am Teich. Dabei haben wir es auch hier mit einer Mischung aus realer Darstellung und atmosphärischer Abstraktion zu tun. Überall im Werk finden sich diese kleinen diffusen Stellen, die von der Realität abweichen. Ein Strang Blätter, der in zartes Rosa gehüllt ist, Flecken auf der Leinwand, als wäre dort der Blick verschwommen. Carola Schapals betreibt eine Pflanzenmalerei ohne die üblichen kitschigen Klischee zu treffen. Vielmehr erkennt man in ihrer Malerei die Kraft der Pflanzen, ihr Eigenleben, ihre Ordnung im Chaos. Neben Werken, die fast nur aus Grüntönen bestehen, gibt es natürlich auch noch diejenigen, die durch strake Farbkontraste in den Blick fallen. Zartes Rose trifft auf dunkles sattes Grün. Neben großen Blättern stehen starke Blüten und Lichtreflexionen. Viele ihrer Bilder entstehen im Atelier, aber einige werden auch plein air gefertigt. Also unter freien Himmel direkt vor dem Motiv. Eine Herangehensweise, die hier in Deutschland kaum noch Verbreitung hat, in den Niederlanden, wo Carola Schapals sich berufsbedingt häufig aufhält, aber vielerorts stetig betrieben wird. Man merkt den Bildern an, dass ihre Malerin einen besonderen Bezug zu diesem Moment hat – die Natur erkunden und wertzuschätzen weiß. Neben der Natur haben wir ja im Titel auch noch die Häuser. Häuser spielen im Werk von Carola Schapals eine ebenso wichtige Rolle wie die Natur. Dabei geht es nicht um die x-beliebige Darstellung von Häusern, sondern um deren Linie und Einbettung in ihre Umgebung. Für ihre Darstellung von Architektur nimmt sich Carola Schapals Häuser, die in einer klassischen Kubenform gebaut sind und an moderne Bungalows der 40er bis 60er Jahre erinnern. Zurückgenommene Architektur, gerade Linien, große klare Fensterfronten, Fassaden ohne Schnick Schnack. Keine Verzierungen oder Verspieltheit, sondern klare Formen und Linien. Diese strenge Architektur steht dann aber wieder genau im Kontrast zu der Natur, die sie umgibt. Die Häuser sind eingebettet in ihre Umgebung, wirken als ob sie solitär stehen würden, mitten in der Natur beziehungsweise in einem Garten, der sie umgibt. Der Mensch ist im Werk von Carola Schapals nie anwesend, lediglich die Architektur verweist auf ihn – er ist sozusagen in seiner Abwesenheit anwesend. In einigen Fällen geht die Architektur auch in die Natur über; hat die Natur ihren durch die Architektur verdrängten Platz wieder eingenommen und verschlingt das Haus schon an einigen Stellen. Das Haus und seine Bewohner gehen voll und ganz in der Natur auf. Doch dieses Zurückerobern der Natur verstärkt nur noch den Eindruck, als wäre das genauso geplant gewesen. Ein Platz in der Natur zum Genießen und abschalten. Die Malerei von Carola Schapals ist vor allem eins: atmosphärisch. Der Betrachter meint, das satte Grün riechen zu können, hört das Zirpen der Grillen, spürt die kühle Feuchtigkeit auf der Haut. Die Künstlerin schafft es in ihrem Werk diesen einen Moment des Staunens fest zu halten, der Moment, in dem wir ganz bei uns sind. Sie schafft atmosphärische Bilder, die meinem Empfinden nach eine ungeheure Ruhe ausstrahlen. Man kann sich gar nicht an ihnen satt sehen, so wie die Malerin sich nicht am Originalmotiv satt sehen konnte. Want to be and stay here – Hier zu sein, zu sitzen, zu riechen, zu spüren, zu genießen. Das Gefühl genau richtig zu sein, genau

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